Mit Brand Journalism werden Unternehmen zu «Medienunternehmen». Nach Coca Cola, Red Bull und der Credit Suisse publizieren auch KMU und Organisationen ihre Inhalte auf der Website, dem Corporate Blog und in den Social Media. Der Brand Journalist produziert, kuratiert und teilt relevante Inhalte: «Create content the customer will thank you for».
Coca Cola, Red Bull und die Credit Suisse sind erfolgreich mit Brand Journalism und werden gerne als Vorbilder genannt. Dabei vergisst man, dass Marken-Journalismus auch «eine Nummer kleiner» funktioniert. Eines der ersten Schweizer KMU, das Brand Journalism konsequent einsetzt, ist das Bündner Ingenieurbüro HMQ. Mit Hintergrundberichten, Fotoreportagen und Videos sprechen die Ingenieure direkt ihr Zielpublikum an.
Welche Autoren produzieren erfolgreichen Brand Journalism?
Wie eine Story den Leser packt, wissen Journalisten am besten: Man muss eine gute Geschichte erzählen. Eigentlich gehört das zu den Kernaufgaben der Medien. In den Medienhäusern wurden aber viele erfahrene Storyteller wegrationalisiert. Begnadete Geschichtenerzähler wie Constantin Seibt beim «Tagesanzeiger» in Zürich sind zur Ausnahme geworden.
Damit öffnet sich Unternehmen und Organisationen eine «Marktnische», sie können selbst zu Medien werden. «Wir sind das erste Medienunternehmen mit einem eigenen Ingenieurbüro», scherzt HMQ-Geschäftsführer Christian Vetsch gerne.
Tatsächlich leistet sich das Ingenieurunternehmen mit 50 Mitarbeitern seit Januar 2013 einen eigenen Brand Journalisten (ich habe diese HMQ-Abteilung bis Sommer 2014 aufgebaut). Der Brand Journalist berichtet nach journalistischen Kriterien über die Vermessung der historischen Trotte in Thalwil ZH (Video) ebenso, wie über den Aufbau vom «Gasthaus am Brunnen» in Versam GR durch den bekannten Architekten und ETH-Professor Gion A. Caminada. Dass die HMQ an diesen Projekten beteiligt ist, erfährt die Zielgruppe eher beiläufig.
Für das Bündner Ingenieurbüro sind dies private Bauherren und Architekten sowie Gemeinden, Kantone und der Bund. Jedes Unternehmen und jede Organisation hat seine Zielgruppe, die es möglichst ohne Streuverlust ansprechen möchte. Eine anspruchsvolle Aufgabe für den Marken-Journalisten, der mit seiner Erfahrung nicht nur die Qualität der Inhalte sicherstellt, sondern auch die Glaubwürdigkeit.
Wo wird Brand Journalism publiziert?
Traditionelle Medienmitteilungen landen in den Redaktionen der Medienhäuser meist im Papierkorb. Und wenn sie tatsächlich abgedruckt werden, ist die Wirkung wegen der breiten Streuung in den Massenmedien kaum messbar. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag.
Mit Brand Journalism wird PR zur interaktiven Öffentlichkeitsarbeit, mit Betonung auf Öffentlichkeit. Denn Unternehmen und Organisationen senden ihre Message nicht «nur» den Journalisten in ihrer Funktion als Gatekeeper, sie kommunizieren und interagieren direkt mit der avisierten Zielgruppe.
Dafür müssen Unternehmen und Organisationen keine teuren Zeitungen oder Magazine drucken:
- Unternehmens-Website und Corporate Blog sind die eigene «Zeitung» oder «Fernsehsender».
- Youtube und Flickr sind das eigene Video- und Fotoarchiv.
Die Inhalte werden nach der Publikation für die Social Media aufbereitet:
- Kurzer Text mit Foto für Facebook, Google+ und Twitter,
- ein Foto für Instagram,
- ein «Pin» für Pinterest.
Die Relevanz der Inhalte für die Rezipienten (und nicht für die Marke) entscheidet darüber, ob die Inhalte über diese Multiplikatoren weiter verbreitet werden. Marken-Journalismus muss unterhaltsam sein, aber auch relevant und aktuell. «Create content, the customer will thank you for», betont die Buchautorin Ann Handley.
Was unterscheidet Marken-Journalismus von PR, Marketing – und von Journalismus?
Brand Journalism wird die traditionellen Medienunternehmen genauso wenig ersetzen, wie das Internet die traditionellen Medien ersetzte. Marken-Journalismus ist eine Ergänzung – die wie das Internet immer wichtiger wird.
Brand Journalisten sind auch keine besseren oder schlechteren Journalisten. Als Marken-Journalisten haben sie einfach einen neuen Auftraggeber, die journalistischen Kriterien bleiben dieselben.
Ich schreibe weiter als Russland-Journalist viel beachtete Hintergrundberichte. Der Header des Nachrichtenportals zeigt dann den Auftraggeber. Wenn ich als Brand Journalist für ein Unternehmen oder eine Organisation publiziere, zeigt der Header ebenso klar den Auftraggeber – auch wenn dieser im Text eher beiläufig erwähnt wird.
Wie glaubwürdig ist Brand Journalism?
Brand Journalism erreicht die Zielgruppe durch hochwertige Inhalte und nicht durch Kaufaufforderungen. Dafür bindet der Marken-Journalismus die potentiellen Kunden dauerhaft an das Unternehmen oder die Organisation. Die Zielgruppe interagiert mit der Marke und «connectet» sich.
Durch die transparente Deklaration der Marke sind Brand Journalism-Inhalte für Rezipienten glaubwürdig und schaffen einen positiven Werte-Transfer auf die Marke. Die Publikation über Unternehmens-Website und Corporate Blog sowie die Social Media ist auch mit einem KMU-Budget zu bewältigen. Dazu braucht es keine 40-köpfige Redaktion wie bei Coca Cola, keinen Stratosphärensprung wie bei Red Bull und kein Millionen-Budget wie bei der Credit Suisse. Guter Brand Journalism beginnt im Kleinen.