Das neue Content Management System Livingdocs präsentierte upfront-CEO Gabriel Hase vor den Content Gourmets in Zürich. Livingdocs ist ein CMS, das Nutzern erlaubt, ihre Artikel per drag and drop nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Eingesetzt wird es von Nachrichtenportalen wie Watson und ab Ende 2014 von der «Neuen Zürcher Zeitung» NZZ Online.
Es gibt viele Content Management Systeme (CMS): Von sehr einfachen CMS wie Tumblr und Medium, die den Nutzern bewusst wenig Gestaltungsmöglichkeiten bieten, bis zu komplexen Plattformen wie WordPress und Typo3, deren Gestaltungsmöglichkeiten die Nutzer oft überfordern.
Seit September 2013 tauschen sich die Content Gourmets in Zürich zu Content Services und Digital Strategies aus – immer verbunden mit einem guten Essen. An ihrem vierten Treffen fragten sich die Content Gourmets: Gibt es andere Optionen als WordPress und Typo3?
Am 4. August 2014 präsentierte Gabriel Hase (auf den Fotos rechts oben im hellblauen Hemd) den Content Gourmets sein neues Content Management System Livingdocs. Hase gehörte 2009 zusammen mit Lukas Peyer zum Gründertrio von Politnetz.ch, eine politisch und institutionell unabhängige Informations- und Kommunikationsplattform für Schweizer Politik.
Zürcher upfront GmbH entwickelt das CMS Livingdocs
2011 stiegen Hase und Peyer bei Politnetz.ch aus und gründeten die upfront GmbH in Zürich. Zusammen mit ihnen arbeiten fünf Web-Entwickler an einem Browser-basierten Content Management System, mit dem jeder Nutzer seine Artikel per drag and drop nach seinen Bedürfnissen gestalten kann.
Das neue CMS trägt den programmatischen Namen Livingdocs und soll eine Ergänzung werden zu einfachen Plattformen wie Tumblr oder Medium, vor allem aber zu komplexen CMS wie WordPress oder Typo3. «Das Problem dieser komplexen CMS ist, dass sie zu viele Einstellmöglichkeiten bieten, sie verwirren die Nutzer», erklärte Gabriel Hase.
Livingdocs ist ein Content-«Baukasten» im Browser
Statt im Backend in komplexen Formularen herum zu werken, können die Nutzer ihre Beiträge per Drag and Drop nach eigenen Bedürfnissen gestalten. Sie können dabei wie mit einem «Baukasten» ganze Textabschnitte, Bilder, Videos und aus Twitter oder Facebook verlinkte Postings frei bewegen.
Die Baukästen werden analog zu den «Themes» von CMS wie Tumblr oder WordPress auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt und sind erweiterbar. Die Nutzer sehen dabei die Seite während der Bearbeitung ohne Vorschau-Modus immer so, wie sie auch der Leser sehen wird. Dies erspart dem Nutzer das ständige hin und her klicken zwischen Vorschau und Backend. Der Autor kann sich auf seine Inhalte konzentrieren und spart Zeit, was gerade im hektischen Nachrichtengeschäft wichtig ist.
Es gibt sie doch, die guten #wysiwyg editoren. Gesehen bei #cgzh #LivingDocs von @upfrontIO . Nicht wahr, @watson_news ? — Marcel Hauri (@jazzomaniac) 4. August 2014
Erste Erfahrungen mit Livingdocs bei Watson
Als erster Kunde der upfront GmbH setzte denn auch das im Januar 2014 gestartete Schweizer Nachrichtenportal Watson voll auf das neue CMS Livingdocs. Die Journalisten und Redaktoren von Watson schreiben ihre Texte direkt in Livingdocs und gestalten anschliessend die teilweise aufwändigen multimedialen Beiträge selbst.
Storytelling eben. Und das muss nicht immer so aufwändig sein, wie beim legendären «Snow Fall – The Avalanche at Tunnel Creek»-Projekt der «New York Times» vom Dezember 2012. Ich habe selbst mehrere Longform-Beiträge für Watson produziert und bin begeistert von den Möglichkeiten, die auch Reportagen über historische Themen wie die «Krim-Schweizer» im 19. Jahrhundert «lebendig» machen.
«Unsere Journalisten haben das Livingdocs-CMS innerhalb eines Tages beherrscht. So frei arbeiten zu können, macht enorm viel Spass», zitierte Hase den redaktionellen Projektleiter von Watson, Martin Lüscher. Zudem erlauben moderne Web-Technologien ganz neue Inhaltselemente, die weit über die Möglichkeiten von Print hinausgehen.
Livingdocs ermöglicht auch smarte Live-Ticker
Die Watson-Redaktoren können an jeder beliebigen Stelle vordefinierte Snippets (Bausteine) per drag and drop einfügen und anschliessend bearbeiten. Neben Text und Bildern werden zum Beispiel auch Maps, Tweets, Live-Ticker und Umfragen unterstützt. Livingdocs ist voll responsive und richtet das Layout von Anfang an auf mobile Geräte aus. Eine Vorschau für Smartphones ist schon während des Editierens sichtbar.
Watson nutzt die Möglichkeiten von Livingdocs insbesondere auch beim Live-Ticker aus, den das Nachrichtenportal als Snippet selbst entwickelte. Wenn ein Ereignis abgeschlossen ist, können die Redaktoren in ihrem smarten Live-Ticker die Reihenfolge der Updates neu ordnen – chronologisch zum Beispiel von alt nach neu – und die Nutzer können wählen, ob sie alle oder nur die wichtigsten Updates sehen wollen.
Das geht natürlich nur, wenn die Watson-Redaktoren (im Idealfall schon vor dem Publizieren) die Updates auch so erfasst haben. Sie müssen deshalb nicht «nur» ein Update schreiben, sondern auch dessen Relevanz bestimmen. So wird aus dem Live-Ticker ein dynamischer Artikel, den jeder Leser mit einem Klick für seine Bedürfnisse konfigurieren kann. Ein gutes Beispiel dafür ist der Live-Ticker zum Abschuss von Flug MH17 in der Ost-Ukraine.
#LivingDocs kann in paar Jahren jeder Blogger nutzen, erklärt @upfrontIO den “Content Gourmets” by @kubleag. #cgzh http://t.co/RMEKGH8Yq2
— Jürg Vollmer (@juergvollmer) 4. August 2014
Grosses Interesse, aber auch kritische Fragen zu Livingdocs
Im Kreis der Content Gourmets wurde Livingdocs mit grossem Interesse aufgenommen. Es gab aber auch kritische Fragen. Zum Beispiel über die Kosten eines solchen CMS, das Gabriel Hase künftig nicht nur Medienunternehmen wie Watson (seit Januar 2013) und der «Neuen Zürcher Zeitung» NZZ (ab Ende 2014) anbieten möchte, sondern auch Bloggern. Ebenso stellt sich die Frage, ob ein kleines Startup aus Zürich längerfristig unter anderem mit WordPress konkurrieren kann.
Danke @kubleag und den content gourmets, war toll mit euch über livingdocs zu reden! #cgzh — Gabriel Hase (@Gabriel_Hase) 4. August 2014